Der Buchabgabe-Blues. Manuskript weg. Was nun?
Vor einer Woche habe ich das Manuskript für mein neues Buch abgegeben. Es war höchste Zeit, denn ich hatte ohnehin schon um 3 Wochen Aufschub gebeten, was, wie ich weiß, für Verlage immer höchst ungünstig ist. Aber nun ist es weg und ich sitze hier und frage mich, womit ich mich jetzt beschäftigen soll. Ist das der Buchabgabe-Blues? Nicht, dass es nicht unzählige Dinge gäbe, die ich tun muss und die ich tun möchte. Ich muss einen Artikel über das Thema „Stigma“ fertig schreiben, alle kommenden Vorträge und Lesungen und Workshops für das Jahr 2019 vorbereiten. Ich möchte gerne lange schlafen, mal ganz andere Bücher lesen und einfach überhaupt nichts zu tun haben.
Aber so läuft das nicht. Ich bin innerlich unruhig, denke ständig, das mir irgendetwas fehlt, dass dem Manuskript noch ganz wesentliche Elemente fehlen, dass es überhaupt noch nicht wirklich zu Ende geschrieben war. Oder, ganz schlimm, dass das ganze Buch einfach nur schlecht ist. Kennt ihr das? Es ist so ein Buchabgabe-Blues, der mich befallen hat. So ging es mir damals nach Abgabe meiner Magisterarbeit oder irgendwelchen anderen größeren Aufgaben, die eine lange Zeit der Konzentration erfordern. Plötzlich fehlt da etwas. Und wie fülle ich dieses Vakuum?
Der Buchabgabe-Blues. Manuskript weg. Was nun?
Mit völlig nutzlosen Überlegungen. Zwei Tage lang habe ich nach einer neuen Frisur für mich recherchiert. Irgendetwas muss grundsätzlich an mir geändert werden. Kürzer? Oder etwas wachsen lassen? Oder einfach ein anderer Stil? Nachdem ich Töchter und Freundinnen genervt habe mit der Frage „Wie findet ihr diese Frisur für mich“ wird mir plötzlich klar, dass es 1.) niemanden interessiert, welche Frisur ich habe und dass 2.) auch durch noch so viel Überlegungen es letztlich bei mir immer gleich aussehen wird. So eine Frisur, die eben viele weißhaarige alte Frauen haben.
- Oder natürlich?
Aber da eine meiner Töchter nächsten Monat zum zweiten Mal heiratet, habe ich nun ein neues Projekt. Ich brauche ein Kleid für die Hochzeit. Ich weiß, die Kleidung der Brautmutter ist nicht das wichtigste, aber irgendwie sollte ich doch nett aussehen, oder? Da kann ich doch den Buchabgabe-Blues nutzen, um etwas Schönes zu finden. Im Internet habe ich nun wieder alle Online-Platformen nach passenden Kleidern durchsucht, aber ich finde alles langweilig oder spießig. Brauche ich nicht, dann kann ich auch das alte schwarze Kleid noch einmal anziehen. Jetzt bin ich aber auf die Etsy-Seite gegangen und da tut sich wirklich etwas. Herrlich Kleider aus China – nein, das dauert zu lange-, oder aus Rumänien oder Bulgarien. Die Kleider aus Lettland sind auch nett. Soll ich, oder soll ich nicht? Ein knallrotes Kleid hat es mir angetan, aber ich weiß, ja, leider, die Brautmutter zieht nichts Rotes an. Gedeckt, eierschale, braun, grau oder eben das freundliche schwarz. Soll ich oder soll ich nicht? So habe ich doch wieder etwas gefunden, mit dem ich den Blues nach der Buchabgabe besänftigen kann.
- Zu rot?
- zu ladylike?
- Zu sexy?
Der Buchabgabe-Blues. Manuskript weg. Was nun?
Ich könnte eigentlich auch meine Wohnung neu streichen lassen. Oder wenigstens zwei Zimmer mit einer neuen Farbe aufpeppen. Oder alle Ordner schön beschriften? Einheitlich? Den Keller aufräumen? Alle Fotos scannen und ein schönes Buch daraus machen? Es gibt so Vieles, was ich tun könnte. Aber vielleicht muss das alles auch überhaupt nicht sein und ich lege mich noch mal ins Bett und lese dieses spannende Buch weiter. Eigentlich eine gute Idee.