Mein Corona-Tagebuch: Nein, wir Alten sind nicht alle einsam!
Es geht mir die Tage ein bisschen auf die Nerven, wenn in den Medien, auf Twitter und Facebook (bei Instagram bin ich noch kaum, aber das ist wahrscheinlich auch ein Thema, das sich dort nicht so gut optisch in Szene setzen läßt und bei TikTok wissen sie vermutlich nicht einmal, dass es Menschen gibt, die älter als 30 sind) ständig darüber geredet, geschrieben und gepostet wird, dass wir alten Menschen alle so furchtbar einsam sind. Also ich finde, da sollte man ein bisschen differenzieren. Alt sind wir schon ab 65, auch wenn die Gerontologie uns dann erst zu den jungen Alten zählt. Nein, nicht alle alten Menschen sind einsam. Ich z.B. bin es nicht und werde dieses Jahr 76 Jahre alt, wodurch in gerontologisch schon zu den Alten gehöre (ab 85 gehören wir dann zu den Hochbetagten). Aber natürlich ist das nur eine Person N = 1 und alle Anderen könnten ja einsam sein.
Mein Corona-Tagebuch: Nein, wir Alten sind nicht alle einsam!
Sind alte Menschen auch alle einsam? Also ich glaube nicht, dass Menschen zwischen 65 und 70 entsetzlich einsam sind. Die alten Menschen, die mit beginnender Demenz im Pflegeheim sind, denen glaube ich schon, dass ihnen Besuche von Familie oder Freunden fehlen. Da sollten wir auch wirklich fantasievoll sein, um ihnen doch etwas Freude zu bereiten. Aber wird sind nicht alle dement und auch nicht alle im Pflegeheim. Jüngere, nicht demente Alte bedauern vielleicht den Restaurantbesuch mit Freunden, der nicht mehr möglich war. Schade vielleicht auch, dass sie nicht mehr Joggen oder zum Altentanz gehen können. Kino, Shoppen, mit dem Nachbarn im Garten schwatzen, alles das kann fehlen. Aber selbst wenn das alles nicht möglich ist, es gibt doch Vieles, dass wir in einer Quarantäne tun können: Wohnung putzen, eine Fastenkur machen, die Schränke ausräumen, Internet-Yoga machen, Schminktipps auf youtube ansehen (ja, ihr jungen Leute, ihr müsste jetzt gar nicht lachen. Auch wir Alten wollen noch gut aussehen) oder ganz einfach herrliche Bücher lesen oder wunderbare Filme ansehen.
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Vor allem aber können wir die wunderbaren Möglichkeiten ausnutzen, die uns durch das Internet, durch Videos, Smartphones und iPads gegeben sind. Facebook? Eine herrliche Methode um mit Menschen in Kontakt zu bleiben und zu erfahrene, was sie alles so in der Krisenzeit tun. Twitter? Damit können Sie politisch immer auf dem neuesten Stand bleiben. ZOOM? Eine geniale Erfindung, ebenso wie Skype: Wir können stundenlang mit Freundinnen, Kinder oder Enkelkindern plaudern und uns von ihnen erzählen lassen, was sie z.B. in der schulfreien Zeit tun. Nur so z.B.: Meine Tochter hat die Scheidung angedroht, wenn sie mit Mann und Kind noch länger in einer Wohnung bleiben muss. Und sie haben eine sehr große Wohnung mit Balkon, nur so als Ergänzung. Habe ich alles über ein Whatsapp-Telefonat erfahren. Gut, dass ich das jetzt weiß, sonst wäre ich schon sehr einsam gewesen.
Übrigens: Wer von Ihnen spielt gern Patienten, Mahjong oder Solitäre? Sie werden begeistert sein, es kann süchtig machen. Da gibt es auf dem Tablet so herrliche Möglichkeiten. Ich empfehle gern Mahjong Age of Alchemy. Bei Solitaire nehme ich gern WordofSolitaire. Aber suchen Sie einfach. Neulich hat mit jemand gesagt, dass man auch in einer Konferenzschaltung (was das ist, erklärt Dagmar Hirche) mit mehreren zusammen Bingo spielen kann. Ist das was? Und vor allem ist jetzt richtig mal viel Zeit, mit den Katern zu spielen!
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Ich weiß, was jetzt kommt: Aber diese virtuellen Kontakte, die sind doch kein Ersatz für Berührungen und persönliche Gespräche. Oder: Aber da kennen sich doch die alten Leute nicht so aus! Wenn das kommt, dann kann ich nur sagen: Virtuelle Kontakte sind vielleicht nicht ganz so schön wie echte Kontakte, aber wenigstens ist man mit diesen virtuellen Kontakten nicht so einsam. Wer immer klagt, dass das, was er wirklich haben will, nicht möglich ist, und auch den Ersatz nicht akzeptiert, der muss dann eben einsam bleiben. Und wer auch im hohen Alter nicht bereit ist, sich mit diesen Techniken zu beschäftigen, der bleibt dann ebenfalls einsam. Aber gerade diesen Menschen entgeht etwas wirklich Schönes: Sie können nicht mal über ZOOM mit anderen alten Menschen über ihre Einsamkeit klagen. Denn alleine klagen macht einfach keinen Spaß.
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Und wer sich wirklich nicht auskennt: Einfach mal googeln: Es gibt wunderbare Menschen, wie z.B. Dagmar Hirche, die mit anderen Menschen zusammen einen Verein gegründet hat „Wege aus der Einsamkeit“, www.wegeausdereinsamkeit.de gegründet hat. Da sind viele Menschen, die gute Ideen haben und außerdem gibt Dagmar Hirche Kurse für alte Menschen für den Umgang mit Smartphone und Tablet. Es gibt noch so viele Ideengeber, die auch nicht mehr ganz jung sind, dort kann man mitmachen. Oder sich bei ihnen Hilfe suchen. Oder selbst einen Verein gegen Einsamkeit gründen. In Wolfsburg hat ein Seniorenbüro eröffnet. Es gibt eine Telefonunterstützung mit dem Namen „Silbernetz“. Man muss nur weiter suchen und bekommt richtig viele und gute Ideen, wie man im Alter der Einsamkeit entgeht. Aber man muss es nur machen. Oder anrufen.
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Besonders gut gefällt mir die Initiative aus Großbritannien oder Kanada: Dort können sich Kinder, also richtig kleine Kinder, melden, die bereit sind, täglich etwa eine Stunde mit einem alten Menschen im Heim oder allein in der Wohnung über Skype oder Zoom plaudern. Total süß! Klar, einen Internetzugang braucht man und am besten ein Tablet. Auf dem Smartphone ist oft das Bild zu klein. Natürlich muss man als alter Menschen nicht nur mit kleinen Kindern skypen. Man kann sich auch mit anderen alten Frauen über ZOOM vergnügt bei einem Fläschchen Prosecoo Liebesgeschichten aus der Jugend erzählen. Männer können alternativ über die wirklich großen Tore aus 30 Jahren Fussballgeschichte plaudern. Ist vielleicht noch amüsanter als mit Kleinkindern zu telefonieren.
Also liebe Alten, die wir noch nicht dement sind: Klagt nicht, das macht nämlich alt und hässlich. Bittet um Hilfe, wenn es um die Einführung ins Tablet oder ins Smartphone geht. Aber danach seid ihr völlig frei, ihr braucht keine Kinder oder Enkelkinder mehr dazu. Wie meine Freundin so richtig gesagt hat: